Meudalismus
Irrwege

Die Rentner haben Unrecht
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Und die Beitragszahler haben auch Unrecht

(2005)

von
Harald Wozniewski

1. Der politische Streit um die "sicheren Renten" ist zu einer endlosen Geschichte geworden. Immer mehr Menschen - ob nun Rentner oder Beitragszahler - erleben in diesen Zeiten, dass ihnen das Geld immer knapper wird. Und je deutlicher sie das merken, desto härter wird der Streit, ob man Renten und Beiträge senken oder (zumindest zur Angleichung an die Lebenshaltungskosten) erhöhen muss. Es ist klar: hier handelt es sich um ein Nullsummenspiel. Was der eine gewinnt, muss der andere verlieren. Die einen pochen auf ihre vergangenen Verdienste und ihre erworbenen Anwartschaften. Die anderen pochen auf ihre gegenwärtigen Verdienste und ihr Einkommen, das sie sich durch Rentenbeiträge nicht unnötig schmälern lassen wollen.

Die steigende Zahl der Arbeitslosen verschärft Jahr für Jahr das Problem, weil dadurch die Beiträge zur Rentenversicherung schwinden.

Weniger deutlich ist: der Staat schießt immer mehr Steuern zur Rentenversicherung hinzu, also letztlich Gelder, die wiederum von den Beitragszahlern, aber auch von den Rentnern selbst gezahlt werden. Oder wird vielleicht nur der Berg der Staatsschulden höher und bleiben die Staatsschulden dann wieder nur an den Jungen hängen?

Überhaupt: wem ist eigentlich bewusst, dass durch die Staatsschulden die Jungen gleich doppelt in Anspruch genommen werden? Denn mit jeder Erhöhung der Staatsschulden wird - ob gewollt oder nicht - die Konjunktur des Landes verbessert, so dass auch die Einkommen und damit die Rentenanwartschaften sich erhöhen. Staatsschulden, die beispielsweise in den 1970er Jahren für "Konjunkturprogramme" gemacht und bis heute nicht zurückgezahlt wurden, ließen die Rentenansprüche vieler Rentner von heute (künstlich?) in die Höhe steigen. Dies gilt freilich nicht nur für Staatsschulden aus Konjunkturprogrammen, sondern für sämtliche Staatsschulden. So bleiben nicht nur die Staatsschulden an den Jungen hängen, sondern auch die erhöhten Rentenanwartschaften der Alten.

Bei dieser Betrachtung darf man bis zu zu freilich nicht übersehen, dass Staatsschulden in der Regel für Investitionen gemacht werden, so dass den Staatsschulden auch ein Gegenwert gegenübersteht. Doch haben die Zinsen für die Staatsschulden den Gegenwert nicht schon längst aufgezehrt? Und wie steht es mit der überall aufkeimenden Privatisierung des Staates, also dem Verkauf von Staatseigentum? Bleibt hier wirklich ein Gegenwert übrig, oder nur noch Schulden?

Täuschte der Eindruck, dass es sich hier um eine riesige, abwärts gerichtete Spirale handelt? Ist das ein Teufelskreis?

Richtig ist: was der Rentner nicht als Rente erhält, kann er nicht in die Läden tragen und wird nicht Einkommen der Ladenbesitzer und deren Arbeitnehmer. Richtig ist auch: was man den Beitragszahlern von ihrem Einkommen für die Rentenkassen nimmt, können die nicht in die Läden tragen und wird nicht Einkommen der Ladenbesitzer und deren Arbeitnehmer.

Diese Betrachtung hier spiegelt in knappen Worten die aktuelle Debatte um die Renten wider. Doch diese Debatte ist unvollständig. Sie ist so unvollständig, dass mit ihr eine echte und dauerhafte Lösung nicht zu erzielen ist. Bei allem, was sie an Lösungen hervorbringt, beißt sich die Katze in den Schwanz; die Abwärtsspirale dreht sich weiter. Deshalb sollten wir das Bild vervollständigen!

2. Die aktuelle, gängige Diskussion lässt sich ungefähr so skizzieren: Jeder verfügt über immer weniger Geld, etwa so, wie bei den folgenden Skizzen - die die Verteilung des Geldes in der Bevölkerung darstellen sollen - das Geld im linken Teil von Mal zu Mal weniger wird.

Eine Erklärung dieser Diagramme finden Sie unter
“Wenn das Geld fließt, wie der Nil in der Wüste” (http://www.meudalismus.dr-wo.de/html/nil.htm)
und “40 Jahre Nilpolitik” (http://www.meudalismus.dr-wo.de/html/nilpolitik.htm).

Rentner und Beitragszahler fragen sich, warum bei ihnen das Geld immer knapper wird, und beide Seiten verdächtigen sich gegenseitig, sich auf Kosten der anderen zu bereichern. Aber beide Seiten erkennen nicht, dass das Geld in Wirklichkeit in dem hier abgedeckten Bereich verschwindet, und nicht bei den Rentnern und nicht bei den Beitragszahlern.

Der hier abgedeckten Bereich ist der Bereich der Superreichen unseres Landes. Solange die Rentendiskussion den hier abgedeckten Bereich nicht mit einbezieht, wird es keine Lösung geben. Dann wird sich die "Nilpolitik" auch in Bezug auf die Renten fortsetzen.

 

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